Neue Mobilität bedeutet mehr als nur Elektromobilität und neue Antriebe für alte Fortbewegungsmittel.
Der Elektroantrieb ist sicherlich einer ökologischen und ökonomischen Notwendigkeit geschuldet. Aber er ist auch Ausdruck einer veränderten Sicht auf unsere Mobilität. Und er ist nur der Beginn einer tiefgreifenden Veränderung in der Art, wie wir uns in Zukunft fortbewegen werden.
Ideen von gestern für die Fortbewegung von morgen
Die Geschichte der Elektromobilität ist voller Sprünge und Zufälle. Hätte sich Henry Ford Anfang des 20. Jahrhunderts für die Produktion der damals weit verbreiteten Elektroautos statt der industriellen Fertigung von Autos mit Verbrennungsmotoren entschieden, würden wir heute vielleicht über „stinkende Abgasmotoren“ als eine Randnotiz der Automobilgeschichte sprechen. So aber konnte sich rund um die „klassischen“ Verbrennungsmotoren eine ganz eigene Infrastruktur und Industrie entwickeln. Diese nicht einfach nur umzurüsten, sondern sie an neue Bedürfnisse und Umstände anzupassen, wird eine der größten industriellen und infrastrukturellen Herausforderungen des Jahrhunderts.
Bei aller Veränderung: Qualität bleibt die Konstante
Es wird spannend zu beobachten sein, wohin sich die automobile Zukunft entwickelt. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland wird es auch eine existenzielle Frage sein. Doch ganz gleich, welche Motoren die Autos der Zukunft antreiben: ihre Qualität, die hochwertige Verarbeitung und die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge wird immer ein Garant für den Erfolg sein. Um diesen zu gewähren, sind qualitativ hochwertige und zuverlässige Komponenten wichtig. Und das vom größten Bauteil bis zum kleinsten Hilfsmittel.
Elektromobilität: Nicht einfach nur ein neuer Motor
Die neuen, alternativen Antriebe haben einen großen Einfluss auf die gesamte Struktur des Fahrzeugs. Ebenso wie auf die Bereiche Planung, Produktion, Montage und Service. Neue Antriebe machen neue Materialien notwendig und eröffnen gestalterischen Freiraum. Doch mit den Möglichkeiten wachsen auch Herausforderungen. Bauteile in elektrisch betriebenen Fahrzeugen müssen mitunter leichter und belastbarer sein. Reibungsverluste und Rollwiderstand müssen gesenkt werden. Darüber hinaus werden die Fahrzeuge wesentlich leiser und Störgeräusche fallen mehr ins Gewicht.
Ziel: Abgas- und Geräuschemissionen reduzieren
Die Autos der Zukunft werden nicht nur abgasärmer, sondern auch leiser sein. Das fehlende Motorgeräusch ist dabei nur ein Aspekt. Die Effektivität moderner Alternativantriebe liegt auch in der Optimierung von Gewicht und Rollwiderstand. Neue, leichtere Bauteile und schmalere und leisere Reifen sorgen dabei ebenfalls für einen niedrigeren Geräuschpegel.
Störgeräusche wie Quietschen, Knarzen und Klappern fallen in sehr leisem Ambiente mehr ins Gewicht. Und die neuen, leichten Bauteile und Komponenten in den Innenräumen der Fahrzeuge fördern die Geräuschbildung. Leichte Bauteile geraten leichter in Schwingung und reiben dadurch stärker und intensiver aneinander. Das verursacht mehr Störgeräusche. Bei diesem Effekt handelt es sich um ein altes Problem, das durch die neue Antriebsform noch verstärkt wird. Dazu kommen aber auch ganz neue Probleme, die sich nicht nur auf Elektroautos beschränken.
Neue Mobilität geht über neue Antriebsarten hinaus
Die neue Mobilität betrifft nicht nur Autos und andere Fortbewegungsmittel, sondern bedeutet auch eine ganz neue Art der Fortbewegung. Oder auch der Nicht-Fortbewegung. Homeoffice und Office-Sharing bieten Arbeitnehmern die Flexibilität, die man sich im täglichen Stau oder der überfüllten Bahn zur Rush-Hour wünscht. […] So bewegt sich die neue Mobilität auf zwei Schienen: Flexibilität und Individualisierung. Dies kommt bereits heute in der flexiblen Nutzung mehrerer Fortbewegungsmittel für eine Strecke zum Ausdruck.
Umstieg mit vielen Umstiegen: Multi-Motion auf dem täglichen Weg zur Arbeit
Die Lösung vieler Mobilitäts- und Emissionsprobleme liegt in der Kombination mehrerer Alternativen. Ein besseres Zusammenspiel von Individual- und öffentlichem Personennahverkehr, kombiniert mit den neuen „Last Mile“-Optionen für die Überbrückung von Kurzstrecken, bieten schon heute sinnvolle Alternativen zum klassischen „Car-to-work“-Schema. Damit räumt die neue Mobilität auch mit einem alten Gewohnheitsmuster auf.
Mein Haus, mein Boot, unser Auto
Im Hinblick auf die moderne Fortbewegung mit unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln kann Eigentum die Idee von Flexibilität und Freiheit einschränken. Wer ein Auto besitzt, benutzt es auch. Selbst dann, wenn günstigere, schnellere oder umweltschonendere Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Doch es gibt bereits Alternativen. Sharing-Konzepte bieten schon heute die gewünschte Flexibilität und Individualität. Allerdings sind die Fahrzeughersteller bei der Konzeption von Fahrzeugen und deren Vertrieb noch auf den klassischen Kauf ausgerichtet. Mehr noch als an den Eigentumsverhältnissen müssen sich moderne Fahrzeuge aber an ihrem Zweck orientieren.
Die Kurzstrecke als ultimative Herausforderung
Eine besondere Herausforderung für die Mobilität der Zukunft liegt in den Alternativen für die Kurzstrecke. Hier hat der klassische Verbrennungsmotor seine größten Schwächen und gleichzeitig erwächst hier ein immer größerer Bedarf. Und das nicht nur in der Stadt. Die Zentralisierung der Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung auf dem Land nimmt genau diese Strecken als Maß: Zu lang fürs Fahrrad, zu kurz für den öffentlichen Nahverkehr, der sich ohnehin auf dem Land nicht selten an den Bedürfnissen der Menschen vorbei entwickelt hat. Diese Entwicklung schafft eine Abhängigkeit vom klassischen Automobil, deren Überwindung eine der größten Herausforderungen für die Mobilitätswende ist. Der Ausbau der Ladestruktur auf dem Land ist zudem der größte Kostenfaktor. Anders als in der Stadt ist hier beispielsweise die Stromversorgung nicht auf Wachstum, sondern streng auf Bedarfsdeckung ausgelegt. Und dementsprechend nicht auf einen sprunghaften Anstieg des Bedarfs gerüstet.
Einkaufen, E-Mails checken oder spazieren gehen: Wie wir in Zukunft Ladezeiten nutzen werden
Die Einbindung der neuen Mobilität wird auch Auswirkungen auf unsere gewohnten Abläufe und Routinen haben. Bei Langstreckenfahrten wird beispielsweise die Ladezeit von E-Autos weit über der durchschnittlichen Betankungszeit eines Verbrenners liegen. Vielleicht wird sich rund um die verlängerte Aufenthaltsdauer an den Tank- und Raststätten eine neue „Tankstellenkultur“ wie in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickeln. Vielleicht eröffnet das Potential, Reisende mindestens 30 Minuten an einem Ort „gefangen“ zu halten, auch neue wirtschaftliche Möglichkeiten. Offen bleibt auch noch die Frage, wie sich E-Roller, Pedelecs und Ladestationen ins moderne Stadtbild einbinden lassen, und wie man sie schlau und nachhaltig ins Verkehrskonzept der ständig wachsenden Städte integrieren kann.
Mobilität im Zeichen des gesellschaftlichen Wandels
Die neue Mobilität wird mehr verändern als nur die Art des Aggregats von Kraftfahrzeugen. Ihre Entwicklung darf dabei den Gleichschritt mit gesellschaftlichen Veränderungen nicht verlieren. Die Verkehrswende kann nur erreicht werden, wenn sie sich am Bedarf der Nutzer und an den veränderten gesellschaftlichen Strukturen orientiert.