Krytox™ kommt in einem Forschungsprojekt von Studenten der RWTH Aachen zum Einsatz.
Das interdisziplinäres Team aus den Bereichen Biologie, Biotechnologie, Informatik, Physik und Wirtschaftsingenieurwesen nimmt damit am internationalen iGEM-Wettbewerb teil.
Die iGEM-Stiftung ist eine internationale, unabhängige und gemeinnützige Organisation zur Förderung der synthetischen Biologie. An dem Wettbewerb gleichlautenden Namens nehmen alljährlich Tausende von Studenten in Hunderten von Teams aus der ganzen Welt teil.
Das Projekt M.A.R.S. der Aachener Forscher beschäftigt sich mit der Regeneration von Co-Faktoren für die Optimierung enzymatischer Reaktionen.
Enzyme als Motor chemischer Prozesse
Enzyme katalysieren und beschleunigen den Herstellungsprozess bestimmter Produkte. Durch ihren Einsatz muss weniger Energie in eine chemische Reaktion investiert werden. Enzyme sind jedoch selbst auf bestimmte Energielieferanten angewiesen. Diese werden auch als Co-Faktoren bezeichnet.
Co-Faktoren: Der Treibstoff enzymatischer Prozesse
Ein sehr wichtiger Co-Faktor ist das so genannte Adenosintriphosphat (ATP). Es liefert die notwendige Triebkraft für die enzymatische Umwandlungsreaktionen innerhalb der Zelle. Während dieses Prozesses „entlädt“ sich das ATP und wird zu ADP (Adenosindiphosphat) und einem freien Phosphat. Die Umwandlung von ADP zurück zu ATP erfolgt in lebenden Organismen mit Hilfe der Zellatmung. Dieser sehr komplexe Prozess kann jedoch nicht künstlich nachgestellt werden. Daher muss das ATP in der industriellen Verwendung anders regeneriert werden.
Heutige Methoden sind teuer und belastend
Die derzeit verwendeten Methoden zur Initiierung und Aufrechterhaltung enzymatischer Prozesse/Regenerierung von ATP für die Aufrechterhaltung enzymatischer Prozesse verbrauchen viele Ressourcen und belasten dadurch die Umwelt. Das Aachener Forschungsprojekt setzt an dieser Problemstellung an. Ziel ist es, einen Bioreaktor zu entwickeln, der zur zyklischen Regeneration von ATP fähig ist.
Aufladung der Energiequelle
Die Rückwandlung zum Energieträger ATP erfolgt durch erneute Anbindung des im „Entladungsprozess“ frei gewordenen Mono-Phosphatmoleküls. Zur Initiierung dieser Reaktion kommen Liposome mit einer Größe zwischen 100 und 1000 Nanometern zum Einsatz. Diese Liposome sind kleinste Partikel, die sich aus einzelnen Lipiden zusammensetzen.
Lipide als Grundbausteine des Körpers
Als Lipide bezeichnet man Fette, die im Körper viele wichtige Funktionen übernehmen. Es sind hoch konzentrierte Energiespeicher und Signalträger. Lipide sind überdies körpereigene Strukturbausteine und erfüllen wichtige Funktionen im Körper.
Polare Lipide bilden Doppelmembrane
Neben den einfachen Lipiden wie Fettsäuren gibt es auch komplexere, membranbildende Lipide. Diese Membranen bestehen aus einer polaren Kopfgruppe und einem unpolaren Kohlenwasserstoffende. Durch hydrophobe Wechselwirkung lagern sich die Enden der Membranen zusammen und bilden Doppelmembranen. Diese Doppelmembran in biologischen Systemen besteht im Wesentlichen aus Phospholipiden.
Liposome als Trojanisches Pferd
Ordnen sich mehrere dieser Doppelmembranen zusammen, entstehen komplexe Strukturen. Einige Lipide bilden keilförmige Enden aus. Diese bilden geschlossene, kugelförmige Gebilde, so genannte Liposome. In deren Inneren lassen sich Flüssigkeiten einschließen. So lässt sich ein flüssiger Wirkstoff in einem geschlossenen Medium transportieren, das vom Körper nicht als Fremdstoff erkannt wird.
Vielfältige Anwendungen von Liposomen
Diese Liposome kommen in vielen chemischen Prozessen zur Anwendung. In der Medizin direkt werden sie zum Beispiel zur drug delivery eingesetzt, also als Trägermaterial zur Verabreichung von Wirkstoffen. Im M.A.R.S. Projekt der Aachener Forscher schaffen sie die nötigen Voraussetzungen für den Prozess der Rückwandlung des Energieträgers ATP aus ADP.
Krytox™ bildet Liposome
Hergestellt werden die benötigten so genannten GUV-Liposome (Giant Unilamellar Vesicles) in einer chemischen Lösung aus einem Wasser/Öl-Gemisch. In diesem wirkt das Krytox™ mit seiner funktionellen Endgruppe als amphiphile, grenzflächenaktive Substanz.
Ziel sind optimierte chemische Prozesse
Die aktuelle Forschung zielt auf die Behebung eines der größten Probleme bei der industriellen Verwendung enzymatischer Herstellungsprozesse: Die limitierte Standzeit der Enzyme in der so genannten stationären Phase der Batch-Kultur. Nur in dieser Phase gibt es genügend aktive Enzyme, die die gewünschten chemischen Prozesse aufrecht erhalten, um Produkte in hoher Qualität und Quantität produzieren zu können.
Upscaling: Von der Test- zur Produktionsphase
Auch ein weiteres Problem beim industriellen Einsatz von Enzymen soll mit dem Ansatz des M.A.R.S.-Projektes gelöst werden. Enzymatische Prozesse haben eine natürliche, mengenmäßige Limitierung. Aus diesem Grund können die Ansatzmengen von der Test- in die Produktionsphase nicht beliebig skaliert werden. Stabilere Enzyme könnten das so genannte Upscaling deutlich verbessern und Unternehmen handfeste wirtschaftliche Vorteile verschaffen.
Von der Theorie in die Praxis
Die neuen, optimierten enzymatischen Prozesse können bereits bestehende Anwendungen deutlich verbessern. Zu diesen zählt beispielsweise die Herstellung von Medikamenten wie speziellen Antibiotika zur Behandlung von Tuberkulose oder die Herstellung von Düngemitteln. Auch die synthetischen Herstellung von Vanillin oder die Produktion von Massenchemikalien wie Alkanen oder aliphatischen Alkoholen können sie positiv beeinflussen.